Therapeutischer Ansatz in der kardiologischen Rehabilitation
Ein nicht unwesentlicher Teil der rehabilitativen Aufgabe betrifft die unspezifische Verunsicherung und psychische Betroffenheit die insbesondere bei akuten kardialen Ereignissen entsteht. Gerade auch bei rezidivierender Angina pectoris, Infarktereignissen einhergehend mit einem „Vernichtungsschmerz“ und rhythmogenen Ereignissen wie einem paroxysmalen Vorhofflimmern, besteht häufig eine zunehmende Angstproblematik. Auch bei chronischen Herzerkrankungen wie der progredienten KHK oder einer progredienten Herzinsuffizienz stellen Angst vor Schmerzen und zunehmender Atemnot sowie eine Depression eine erhebliche komorbide Störung dar. Dabei sind die symptomatischen Beschwerden wie auch Befürchtungen über den weiteren Krankheitsverlauf ähnlich einschränkende Komponenten.
Aus diesem Grund sind neben einer Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, einer Arbeit an der Verbesserung der Risikofaktoren auch eine gezielte Detektion einer psychischen Verunsicherung und Sinnkrise wichtige Bestandteile der Rehabilitation. Diese münden dann in weitere psychoedukative und ggf. auch psychotherapeutische Maßnahmen.
Übergeordnete Ziele sind eine Verbesserung der Lebensqualität, eine Verbesserung der Prognose kardiovaskulärer Erkrankungen und damit ein Beitrag zur Kostenstabilität im Gesundheitswesen.
Es ergeben sich daraus für die Rehabilitation sowohl somatische, edukative, psychische und soziale Therapieansätze.
Somatische Therapieansätze
- Schmerzlinderung, Verminderung postoperativer Beschwerden
- Verbesserung der körperlichen Funktion und Leistungsfähigkeit
- Minderung der chron. Erschöpfung (Erkennen einer Fatigue)
- Förderung der Aktivitäten des täglichen Lebens
- Verbesserung der Ernährung und die Arbeit an den lebensstilbedingten Risikofaktoren
- Rauchstopp (Absichtsbildung bis hin zur Hilfe beim Rauchstopp)
Edukative Therapieansätze
- Verbesserung des Informationsstandes über die kardiovaskuläre Erkrankung und die persönliche Risikokonstellation
- Verbesserung des Informationsstandes über therapieassoziierte Folgen
- Verbesserung der Therapie-Compliance
- Kenntnisse über krankheitsgerechtes Verhalten
- Erlernen von Strategien zur Stressbewältigung
- Schulung über krankheitsgerechte Ernährung
Therapieansätze im psychischen Bereich
- Abbau von Angst
- Verbesserung der reaktiven Depression
- Stabilisierung des psychischen Befindens (Krankheitsbewältigung, Umgang mit der chronischen Erkrankung im Alltag)
- Verbesserung des Körperempfindens, Körperwahrnehmung und Selbstwertgefühls
- Verbesserung von Schlafstörungen
- Bearbeitung von Progressionsangst
- Aufbau von Sinn- und Zielperspektiven
Therapieansätze im sozialen Bereich
- Berufliche und soziale Wiedereingliederung und Teilhabe
- Informationen und Hilfen im sozialen arbeitsrechtlichen Bereich
- Verbesserung der sozialen Integration
- Wiederermöglichung der Teilnahme am familiären und gesellschaftlichen Leben
- Reintegration in das soziale Umfeld
- Ermutigung zu Hobbies und kreativen Arbeiten
- Vermeidung von Krankenhausaufenthalten
- Vermeidung von vorzeitiger Berentung und Pflege
Therapeutischer Ablauf
Zu Beginn des Rehabilitationsverfahrens sollten die Ergebnisse aus Diagnostik und Vorbehandlungen ausführlich dokumentiert vorliegen. Sie sollten Angaben über letzte stationäre Aufenthalte, kardiale Vorbefunde, letzte Laborwerte und Progression der kardiovaskulären Erkrankung beinhalten. Auch Angaben über zusätzliche therapeutische Maßnahmen in den letzten Wochen. Wichtig sind Informationen über ggf. postoperative Komplikationen wie Wundheilungsstörungen, Abszessbildungen und komplizierende Begleiterkrankungen wie z. B. COPD, Leberzirrhose, Niereninsuffizienz und andere, die körperliche Belastbarkeit betreffende Grunderkrankungen. Insbesondere Erkrankungen, die einen relevanten Einfluss auf den Rehaverlauf und die zu verwendenden physikalischen Anwendungen haben, sollten bekannt sein.
Umfang und Schweregrad der funktionellen Einschränkungen sowie der sozialen Beeinträchtigungen sollten bereits im Vorfeld der Rehabilitationsmaßnahme geklärt sein. Aus diesem Bereich definiert sich die Rehabilitationsbedürftigkeit und auch die Rehabilitationsfähigkeit. Hilfreich sind Angaben über soziale Belastungsfaktoren, häusliche Versorgung, berufliche Situation und über den bisherigen Grad der psychischen Krankheitsverarbeitung. Primäres Rehabilitationsziel ist die Wiedereingliederung in das soziale Umfeld mit Stärkung der Selbstwirksamkeit und der Selbstversorgungsfähigkeit. Die Alltagskompetenz im bisherigen sozialen Umfeld soll wieder hergestellt werden. Ggf. soll eine Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess geplant und vorbereitet werden.
Rehabilitationsziele sind kein statisches Dogma. Mitunter müssen sie im Verlauf der Behandlung bzw. Rehabilitation modifiziert und angepasst werden. Im Einzelfall sind einzelne Rehabilitationsziele nicht erreichbar.